Esra-Paul Afken von der Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. und Lorraine Bluche von der Stiftung Stadtmuseum Berlin sprechen in dieser Folge mit Xenia Kitaeva über „komplexes“ Erbe – das kann vieles bedeuten. Spezifischer reden sie über die Komplexität von zwei digiS-Projekten aus der Laufzeit 2024, die sich besonders mit „sensiblen Inhalten“ oder auch „schwierigem Erbe“ auseinander setzen.

Zur Folge

Die Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft e.V. rekonstruierte 2024 einen Teil der fotografischen Sammlung des 1919 von Magnus Hirschfeld gegründeten, ehemaligen Instituts für Sexualwissenschaft. Hirschfeld setzte sich bereits zu Ende des 19. Jahrhunderts für die Entkriminalisierung von Homosexualität ein und kämpfte auch für die Rechte von trans* und inter*geschlechtlichen Menschen. Das Institut und seine Sammlungen wurden am 6. Mai 1933 von NS-Studierenden geplündert und zerstört. „Komplex“ in der Sammlung des ehemaligen Instituts für Sexualwissenschaft ist die angemessene Veröffentlichung von fotografischen Inszenierungen von als „anders“ markierten, oft nackten Körpern. 

Das Projekt „Massenmedium Bilderbogen. Repräsentant des Kolonialen Archivs. Erprobung dekolonialer Digitalisierungsstrategien“ von der Stiftung Stadtmuseum Berlin ist eine Kooperation mit Each one teach one e.V., Berlin Postkolonial und der Initiative Schwarze Menschen in Deutschland e.V. Im Projekt wird die eigene institutionelle Praxis hinterfragt und auf nach wie vor vorhandene koloniale Strukturen untersucht. Der Bilderbogen war im 19. Jh. einerseits „harmloses“ Informations- und Unterhaltungsmedium, andererseits – wie der Projekttitel es vermuten lässt – repräsentierte dieses Medium kolonialrassistische Darstellungen und ist damit auch heute noch alles andere als harmlos. Die öffentliche Zugänglichmachung solchen Materials ist wie bei der Magnus Hirschfeld Gesellschaft hochkomplex.