Am 13. November 2025 fanden sich knapp 140 Menschen am Zuse-Institut Berlin und 80 Menschen im Stream zur 12. digiS-Jahreskonferenz „Datenkultur(en): Kooperation macht den Unterschied“ ein, um gemeinsam mit uns über Wege des Zusammenarbeitens verschiedener Art zu diskutieren.
An dieser Stelle zunächst ein riesiges Dankeschön an alle Referierenden und Teilnehmenden, die maßgeblich zu einer spannenden Tagung beigetragen haben!
Grußworte
Anja Müller, Koordinatorin von digiS, begrüßte die Konferenzteilnehmenden mit einer kurzen Verortung der Veranstaltung im digiS-Universum – denn nach 13 Jahren Förderprogramm kann man nicht nur auf sehr verschiedene Digitalisierungsprojekte zurückblicken, sondern auch auf ebenso vielfältige Kooperationen innerhalb und außerhalb des Förderprogramms. Die Vielfalt der Projekte spiegele:
„(…) im Digitalen die Vielfalt der Berliner Kulturlandschaft wider. Und wir, digiS (…), sorgen in Kooperation mit unseren Projektpartner:innen und auch Partner:innen wie dem Zuse-Institut dafür, dass die Ergebnisse dieser Projekte, die Kulturdaten, (…) sichtbar, zugänglich und verfügbar sind.“
„Kooperation bedeutet nicht nur, gemeinsam Projekte zu realisieren. Kooperation heißt auch, voneinander zu lernen und gemeinsam Neues zu entwickeln.“
Auch die Staatssekretärin für Kultur und Gesellschaftlichen Zusammenhalt des Landes Berlin Cerstin Richter-Kotowski hatte ein paar Grußworte für die digiS-Jahreskonferenz mitgebracht: Kooperation sei mehr als ein Tagesmotto, es sei eine Haltung und zugleich das langjährige Erfolgsrezept von digiS sowie gelungenes Beispiel der Zusammenarbeit zwischen dem Zuse-Institut Berlin und dem Land Berlin/der Senatsverwaltung.
Who wants to live forever? How to keep data alive for the future

„Unsere Bits werden wir wiederkriegen. Wir müssen nur wissen, was diese Bits bedeuten.“
Ein Auszug von Prof. Dr. Thorsten Kochs Vortrag, als einfache Gleichung:
Lebenszeit (Durchschnittliche Erwartung: 80 Jahre)
= 2,5 Mrd. Sekunden, davon 1/3 wach
= 350 Terabyte Video, Audio, etc. (bisschen komprimiert)
Zum Vergleich: ChatGPT5 ist mit ca. 280 Terabyte (= 70 Trillionen Tokens) trainiert. Was bedeutet das für uns?
Im Eröffnungsvortrag schlug er mit anschaulichen Beispielen den Bogen von der Wichtigkeit von Kontextinformationen zu den auf lange Zeit (oder für EWIG) am ZIB gespeicherten Daten. Mit „Who wants to live forever?“ versucht er anhand der obigen Gleichung auch die Frage zu beantworten, warum wir Dinge bewahren. Beispielsweise müssen wir mit immer mehr Bedrohungen unseres Kulturerbes (und unserer Existenz) umgehen, wobei schon Ovid sagte: „Die Zeit nagt an den Dingen.“ Und um die Dinge für immer und zudem nachnutzbar zu bewahren, sei es eine wichtige Gemeinschaftsaufgabe, Verbindungen zwischen Objekten (und Menschen) herzustellen, Kontext zu erschaffen und zu erhalten.
Hier kann der gesamte Vortrag nachgeschaut werden, aus technischen Gründen muss der Vortragende bitte mit dem geistigen Auge oder anhand des obigen Bildes visualisiert werden:
Minute Madness
Insgesamt neun vielfältige und kreative Digitalisierungsprojekte, die von „klassischen“ Fotografien bis Kunsthandwerk reichen, stellten sich mit einer Minute Madness vor und zwei digiS-eigene Projekte durften sich mit jeweils einer eigenen Minute Madness anschließen.
- Berlin-Brandenburgisches Wirtschaftsarchiv
- Brücke-Museum
- Freunde Museum Islamische Kunst
- Geheimes Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz
- Georg Kolbe Museum
- Käthe Kollwitz Museum
- Stiftung Deutsches Technikmuseum
- Stiftung Domäne Dahlem
- Theater o.N.
Bonus:
Hier können alle Vorträge nachgesehen werden:
Nutzer:innenzentrierung, Partizipation, Kollaboration – Interne Digitalprojekte als Treiber nachhaltiger Zusammenarbeit

Oder auch: „Zusammenarbeit bewusst gestalten und sich das auch trauen“ von Christiane Lindner (Linden Museum Stuttgart).
Christiane Lindner stellte für ihr Praxisbeispiel des Aufbaus eines internen Datenbanksystems ein Koordinatensystem mit vier Quadranten auf, die sie für größtmögliche Zugänglichkeit als „Räume“ kategorisierte.
Die vier Räume lassen sich folgendermaßen aufteilen:
- Operativer Raum – Projektarbeit, Meetings etc.
- Steuerungsraum – Entscheidungen
- Beziehungsraum – Zwischenmenschliches und -Organisatorisches
- Individueller Raum – Eigene Inputs/Reflexionen im Projekt
Ziele der Datenbankentwicklung waren größtmögliche, strategische Partizipation innerhalb des Landesmuseums und langfristig die selbständige Nutzung der Datenbank durch alle Museumsmitarbeitenden im Sinne eines „dezentralen Ownerships“.
Der gesamte Vortrag kann hier nachgesehen werden. Auch diesmal bitten wir darum, sich die Redende mithilfe des dritten Auges vorzustellen, oder so lange intensiv auf das obige Portraitfoto zu gucken, bis es sich bewegt:
Weitere basale Erfolgsfaktoren für Kooperationen seien ein gutes, respektvolles Zeitmanagement, Snacks und eine Portion Humor, die auch in Form von Memes verabreicht werden kann.
Zum Weiterlesen empfiehlt Christiane Lindner:
Kooperieren als Kulturtechnik im digitalen Zeitalter

Das erste Panel der digiS-Konferenz beschäftigte sich mit der Frage, wie eine gute, faire und gleichberechtigte Zusammenarbeit aussehen könne. Auf dem von Antonia Weisz (Domäne Dahlem) moderierten Podium saßen Vertreter:innen dreier sehr unterschiedlicher Museumstypen: Ein Kunstmuseum (Isabel Fischer, Brücke Museum), ein Bezirksmuseum (Natalie Maier, FHXB Museum) und ein Museum mit spezifischem Sammlungsschwerpunkt (Maike Priesterjahn, Sportmuseum).
Hier geht’s gleich ohne Umschweife zum Videomitschnitt, Umschweife sind darunter zu finden:
Isabel Fischer, Sammlungskuratorin im Brücke-Museum, vertrat das Projekt zur Aufarbeitung von Karl Schmidt-Rottluffs kolonialzeitlich erworbenen Sammlungen. Die Mitarbeitenden in diesem Projekt entschieden sich bewusst gegen klassisches Erschließen und setzten von Beginn an auf Partizipation bzw. Zusammenarbeit mit Communities aus Herkunftsregionen.
Natalie Maier, Koordinatorin und Leiterin der Sammlung und Projekte im Friedrichshain-Kreuzberg Museum, ermöglichte neue Einblicke in das Projekt „3D-Dokumentation der früher besetzten Gerhard-Hauptmann-Schule“. Das FHXB ist Bezirksmuseum mit Fokus auf städtische, soziale und migrantische Geschichte und digitalisierte die Schule in 3D, als Erinnerungsort einer Geflüchtetenprotestbewegung (2012–2014).
Maike Priesterjahn, Sammlungsleiterin und stv. Museumsleiterin des Sportmuseums Berlin|Wassersportmuseum Grünau repräsentierte die Neuaufstellung des Teams und der Sammlung des Museums nach Jahrzehnten passiver Aufnahme von Objekten. Zunächst identifizierten sie Leerstellen, u.a.: Frauen, queerer Sport, inklusiver Sport, postmigrantische Perspektiven und gingen dann aktive Kooperationen mit Vereinen/Communities ein, die eigenverantwortlich bestimmen, welche Objekte für ihre jeweiligen Perspektiven bedeutend sind.
Die Einblicke in die Projekte zeigen, dass Kooperation im digitalen Zeitalter zwar durch technische Mittel erleichtert wird, aber weiterhin ein zeitintensiver, vertrauensbasierter sozialer Prozess bleibt, der von Herausforderungen wie hohem Kommunikationsaufwand, fehlender kontinuierlicher Förderung und der Notwendigkeit langfristiger Beziehungsarbeit geprägt ist.
Mittagspause und Poster-Session
Kooperative Datenarbeit. Synergien durch FAIRness und openness

Nach Mittagspause und Postersession ging es zum Einstieg in den Nachmittag mit Dr. Alexander Winklers Vortrag weiter. Dieser befasste sich mit FAIRness (= Findable, Accessible, Interoperable & Reusable) und Openness, denn er machte eine weitere Möglichkeit der Kooperation im digiS-Universum auf: Die Kooperation der Daten. Und wie kooperieren Daten am besten? Durch größtmögliche Offenheit und Verwendung von Standards. Denn FAIRe Daten erleichtern Nutzung und Wiederverwendung.
Openness bedeute mehr als Open Access: Es sei eine Haltung, die Transparenz, Teilhabe, Nachhaltigkeit, Mehrsprachigkeit und das Teilen von Wissen umfasse.
Für Kulturinstitutionen lohnen sich für die offene, kooperative Datenarbeit vier einfache Schritte besonders gut:
- Auflösbare, stabile URIs (Uniform Resource Identifier) für jedes Objekt
- Offene und transparente Lizenzierung
- Datenangebote sichtbar machen
- Metadaten maschinenlesbar bereitstellen(z. B. über APIs, DDB, Exportdateien oder Zenodo)
Diese Maßnahmen senken Hürden, erhöhen Datenqualität und ermöglichen echte Kooperation. Wie immer ist Alexander Winklers Präsentation auf Zenodo zu finden: https://doi.org/10.5281/zenodo.16970805
Der Vortrag kann hier nachgehört werden:
Gemeinsam intelligenter? Mensch-Maschine-Kooperationen

Moderiert von Prof. Dr. Katrin Glinka von der HTW Berlin, ging die zweite Podiumsdiskussion der Frage nach, ob wir mit „der Maschine“ (= KI) eigentlich gemeinsam intelligenter werden können. Gäst:innen dieser Runde waren Dr. Elisabeth Böhm, Geschäftsführerin des digiCult-Verbundes, Georg Hohmann, Leiter der Digitalabteilung des Deutschen Museums in München, und Sven Kriese, Direktor des Landesarchivs Berlin.
Für Elisabeth Böhm soll KI bei der Objekterfassung, Verschlagwortung und Normdatenvergabe unterstützen. Besonders wertvoll kann KI als Werkzeug für kleine Museen mit wenig Fachpersonal sein.
Laut Georg Hohmann ermöglicht KI in Form von bekannten Prozessen wie OCR, RAG u.ä. die Massenverarbeitung von Daten. Museen besitzen tatsächlich Massen an wertvollen strukturierten Daten, was jedoch auch Big Tech anzieht und ein Risiko von Abhängigkeiten mit sich bringt.
Sven Kriese erzählte unter anderem mutig über das Scheitern eines (KI-)Projekts: die Transkription einer Einwohnermeldekartei, die zu fehlerhaft erfolgte, dadurch zu viel Nacharbeit erforderte und natürlich mit Datenschutzproblemen einherging.
Die Panelist:innen waren sich einig: KI kann Kulturinstitutionen stark entlasten, vor allem bei Massenbeständen, ergänzt jedoch menschliche Arbeit eher als diese zu ersetzen. Kooperatives Arbeiten auf allen Ebenen ist dafür der Erfolgsfaktor. Offene, gute Daten, gemeinsame Infrastruktur, Kooperation und KI-Kompetenz sind und bleiben entscheidend.
Die gesamte Podiumsdiskussion kann hier nacherlebt werden:
Tschüss und bis zum nächsten Jahr!
Nochmals danke an alle Teilnehmenden, alle Refererierenden und denen, die bis hierher gelesen haben! Wir nehmen viel Inspirierendes für 2026 mit und freuen uns auf das Wiedersehen.


















